Situationsbeschreibung


Behindertenhilfe in einer Familie mit türkischem Migrationshintergrund – Suche nach der bestmöglichen Hilfeform

Die Familie Özdal wohnt im Stadtteil Brauck der Stadt Molbeck. Der Stadtteil ist bekannt für seine hohe Arbeitslosigkeit. In Brauck haben sich in den 1950er Jahren viele (meist türkische) Gastarbeiter angesiedelt. Daraus resultiert, dass nun die neuen Grundschulklassen einen Migrationsanteil von 60% aufweisen. Der Migrationsanteil in der Stadt Molbeck beträgt insgesamt 20,2% (Tendenz steigend).
Molbeck hat insgesamt ca. 76.000 Einwohner und gehört zum Kreis Dorstelhausen in NRW. Seit 1993 besteht eine Städte- bzw. Gemeindepartnerschaft mit der Stadt Alanya in der Türkei.

Familie Özdal kommt gebürtig aus dem Süden der Türkei und lebt seit etwa 15 Jahren inbehindertenhilfe Deutschland. Seit etwa acht Jahren lebt die Familie im Stadtteil Brauck der Stadt Molbeck. Die Eltern Fatma und Erhan Özdal haben vier gemeinsame Kinder namens Maik, Pascal, Aylin und Marvin, die allesamt zum Teil schwere körperliche, aber auch psychische Handicaps aufweisen. Die Beziehung der Eltern ist vor rund zwei Jahren in die Brüche gegangen, jedoch leben beide weiterhin gemeinsam unter einem Dach, um gemeinsam die Erziehung, – aktuell mit Unterstützung von verschiedenen Trägern der Kinder-, Jugend- und Behindertenhilfe -, gewährleisten zu können.

Vater Erhan ist 39 Jahre alt und arbeitet in Vollzeit als KFZ-Mechatroniker. Dadurch, dass er in seiner Freizeit wenig Zeit mit seiner Familie verbringt, entzieht er sich zunehmend der Verantwortung innerhalb des Familiensystems. Seine Frau Fatma ist sieben Jahre jünger und versucht trotz der Einschränkungen durch eine Lernbehinderung, die Erziehung der Kinder zu gewährleisten. Bevor die Kinder geboren wurden, war sie als Reinigungskraft tätig.
Zurzeit nimmt sie an einer Tagesstrukturmaßnahme der Caritas teil, mit der sie versucht, ihren stetig wachsenden Alkoholmissbrauch unter Kontrolle zu bekommen.
Der älteste Sohn Marvin ist elf Jahre alt und lebt seit neun Monaten in einem Behindertenwohnheim des Nachbarortes Hausenkirchen, da er von einer Schwerstmehrfachbehinderung betroffen ist. Dort geht er in die Antonius-Förderschule für geistig und körperlich behinderte Kinder. Jedes 2. Wochenende besucht Marvin seine Familie in Molbeck.
Das Wohnheim St. Rafael, indem Marvin lebt, gehört zum Caritasverband der Stadt Molbeck. Zum Konzept des Wohnheimes gehört das Bezugsbetreuersystem, bei dem jedes Kind einen festen Ansprechpartner hat. Marvin hat sich gut in die Wohngruppe eingelebt, in der neun weitere Kinder leben.
Die achtjährige Aylin und der siebenjährige Pascal besuchen gemeinsam die Unterstufe der Roßheide-Förderschule in Molbeck-Zweckel. Aylin, die eine geistige Behinderung hat, steht im Schatten ihres Bruders Pascal, da sie zusätzlich unter starken Konzentrationsschwierigkeiten leidet. Ihr Bruder Pascal, der früh eine emotionale und soziale Störung diagnostiziert bekommen hat, zeigte bereits Fortschritte durch die Frühförderung im Kindergarten.
Das jüngste Kind der Familie ist Maik. Er ist zwei Jahre alt. Aufgrund des Alkoholkonsums der Mutter, vor allem in der Schwangerschaft, hat Maik das fetale Alkoholsyndrom (FAS). Auf Empfehlung der Frühförderung von Maik, soll er nächstes Jahr eine heilpädagogische Kindertagesstätte besuchen.
Um einen gelingenden Alltag in der Familie Özdal zu gewährleisten, nimmt die Familie Angebote verschiedener Träger in Anspruch. Derzeit übernimmt die Arbeiterwohlfahrt Münsterhausen die Hilfe für Pflege und Haushalt, der Caritasverband Molbeck unterstützt bei der Erziehung der Kinder und das Diakonische Werk Molbeck bietet insbesondere für die Kinder der Familie Freizeitmaßnahmen an.
Die Stadt Molbeck übernimmt zurzeit die Finanzierung der drei Träger. Aus organisatorischen und finanziellen Gründen verlangt die Kommune nun eine Bündelung der Hilfen, die zudem eine kostengünstigere Variante darstellen soll. Zudem klagt die Familie seit neustem über zu viele wechselnde Personen im Familienalltag. Beispielweise gibt es bei Krankheitsfällen regelmäßig Kommunikations- und Abstimmungsprobleme unter den verschiedenen Trägern.
Das Diakonische Werk hat als Lösungsvorschlag nun proaktiv ein Konzept vorgeschlagen, nachdem sie die alleinige Verantwortung für verschiedenen Hilfen in der Familie übernehmen. Allerdings sind die AWO und der Caritasverband gegen diese Idee, da ihre Mitarbeiter, nach eigenem Bekunden, schon eine tragfähige Beziehung mit allen Akteuren des Familiensystems aufgebaut hätten und ein Abbruch dieser Bindungen, unkalkulierbare Folgen nach sich ziehen würden.

Überlegen Sie nun, wie die bestmögliche Hilfe für die Familie Özdal aussehen könnte. Welche Träger mit ihren Angeboten könnten (weiterhin) bei diesem Projekt beteiligt sein?
Welche Lösung die Familie am Ende in Anspruch nehmen wird und ob dies sowohl durch die Hilfeträger, als auch durch den Kostenträger, eine Zustimmung erfährt, soll im Verlauf der Planspieldiskussion erarbeitet werden.


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