Situationsbeschreibung


Molbeck – Modellprojektstadt für die Legalisierung von Cannabis

Das Amtsgericht Molbeck registriert seit einigen Jahren eine stark ansteigende Zahl von Verstößen gegen die Bewährungsauflagen. Oftmals hängt der Grund für die Verstöße mit dem Konsum von Cannabis zusammen. Dies hat schwerwiegende Folgen, da die Unterbringung in Haftanstalten ansteigt und dadurch enorm hohe Unterbringungskosten verursacht werden. Daraufhin erteilte der Gerichtspräsident der Bewährungshilfe den Auftrag, in enger Kooperation mit anderen lokalen Akteuren, ein Konzept zu entwickeln, um etwas gegen diese Problematik zu unternehmen und weitere Verstöße gegen die Bewährungsauflagen zu verhindern.

Sandra Blücher, die Gruppenleiterin der Bewährungshilfe ist hier nun die zuständige Fachkraft. Sie setzt sich mit dem Chef der Drogenberatung „DropOut“ in Molbeck zusammen. Gemeinsam wollen die Akteure ein Projekt entwickeln, welches passgenau und nachhaltig die Ansprüche des Gerichts, aber eben auch die Lebenswelt der Teilnehmer berücksichtigt. Gleichzeitig ist Frau Blücher aber bereits jetzt klar, dass ihre Konzeptidee auch im eigenen Haus vermutlich sehr umstritten sein wird…
Denn schließlich ist der zentrale Moment dieser Projektidee, die (Teil-)Legalisierung des Cannabiskonsums, womit folglich der Kauf und Konsum von Cannabis für eine feste Gruppe von Projektteilnehmern fortan erlaubt sein soll.[1] Das Projekt richtet sich an straffällige Heranwachsende im Alter von 18 bis 21 Jahren. Das Projekt können zeitgleich bis zu 20 Teilnehmer absolvieren. Außerdem besteht eine weitere Zugangsvoraussetzung für die Projektteilnahme darin, dass die Teilnehmer keine weiteren Drogen, wie Crystal Meth, Speed, Kokain oder Heroin konsumieren. Sobald sie mit diesen Drogen in Kontakt geraten, scheiden sie aus dem Projekt aus, da das Projekt ausschließlich mit der Droge Cannabis arbeitet. Des Weiteren werden die Teilnehmer danach ausgesucht, dass sie aufgrund ihres Konsums besonders gefährdet sind gegen ihre Bewährungsauflagen zu verstoßen. Im Rahmen des Projekts besteht für die Teilnehmer die Möglichkeit, wöchentlich bis zu 10g Cannabis – über eine von drei Apotheken – käuflich zu beziehen, sobald sie einen Erlaubnisschein von der Drogenberatung nachweisen können. Alle Registrierten werden in einem System erfasst, sodass sich die Teilnehmer nur an einer Ausgabestelle ihre wöchentliche Cannabisration beschaffen können. Wenn sich die Konsumenten Cannabis in der Apotheke abholen, müssen sie dies mit einer Unterschrift und einem gültigen Lichtbildausweis bestätigen. Die Apotheken werden zudem vom Ordnungsamt regelmäßig kontrolliert.

Die Projektteilnehmer selbst, müssen sich verpflichten, an wöchentlichen Treffen in der Drogenberatung teilzunehmen. Diese Einzel- und Gruppentermine sollen dazu dienen, den Teilnehmern durch Beratungs- und Hilfeangebote einen gelingenderen Alltag zu ermöglichen und anfallende Problemlagen perspektivisch selbstständig auflösen zu können. Darüber hinaus stehen aber auch die intensive Aufklärung über Nutzen und Gefahren des Cannabiskonsums auf dem Plan. Sobald ein Teilnehmer unentschuldigt bei den Treffen fehlt, werden Maßnahmen getroffen, die dem Teilnehmer entweder eine zweite Chance einräumen oder ihn aus dem Projekt entfernen. Sollten die Heranwachsenden darüber hinaus gegen die strikten Vorgaben (Personalisierung des Cannabis-Gebrauchs) bezüglich des Cannabis-Bezugsscheins verstoßen, indem sie bspw. Cannabis weiterverkaufen oder an andere außenstehende Personen weitergeben, werden sie mit sofortiger Konsequenz aus dem Projekt ausgeschlossen. Zudem wird ein solcher Verstoß auch im Rahmen des Strafrechts (§ 29 Betäubungsmittelgesetz), als Verstoß gegen die Bewährungsauflagen gewertet und verfolgt.

Ein weiterer Punkt des beantragten Modell-Projektes ist es, dass Cannabis in einer guten Qualität zum Verkauf stehen soll, um Verunreinigungen zu vermeiden. Die Apotheken richten sich außerdem kontinuierlich am aktuellen Marktwert von Cannabis, damit sich der Anreiz, Cannabis auf dem Schwarzmarkt zu beschaffen, verringert.

Um dieses Projektkonzept letztlich verwirklichen zu können, benötigen Bewährungs- und Drogenhilfe die Zustimmung der Politik.
Dem seit 2004 regierenden Bürgermeister Ulrich Schabizky von der FDP ist die Problemlage der hohen Kriminalität im Zusammenhang mit Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) in der Stadt Molbeck bewusst und er möchte dem gezielt und mit Hilfe einer breiten gesellschaftlichen Koalition, entgegen wirken. Folglich werden neben der Politik auch Polizei, das Gericht und das Jugendamt, als wichtige weitere Instanzen, maßgeblich an dem Projekt beteiligt oder in anderer Funktion involviert sein. So können zudem umfänglich Erfahrungswerte gesammelt und ausgewertet werden, wie sich die (Teil-)Legalisierung konkret auswirkt, ob das Projekt überhaupt sinnvoll ist und wo noch Optimierungsbedarf besteht. Deshalb soll dieses Modellprojekt zunächst auf ein Jahr befristet und im Anschluss gründlich evaluiert werden. Dass das Modell-Projekt von Beginn an wissenschaftlich und kontinuierlich begleitet wird, ist auch der Drogenhilfe sehr wichtig, um ggf. eine Fortführung des Projektes auch begründen zu können. In Zusammenarbeit mit dem Ordnungsamt und den Verkaufsstellen, möchte die Drogenhilfe Statistiken zum Zusammenhang zwischen dem Konsum von Cannabis und der Kriminalitätsrate in Molbeck erstellen. Ziel des Modellprojektes ist es also, die Kontrolle über den Betäubungsmittelverkehr zu erlangen und dadurch die Kriminalitätsrate zu senken.

Die Drogenhilfe erhofft sich, durch ein Zusammenkommen mit Medizinern, Gericht, Jugendamt, Polizei, Apothekern und Politikern, einen einheitlichen Abschluss zu erzielen. Die Politik hat allerdings letzten Endes die Aufgabe zu entscheiden, ob das Modellprojekt genehmigt wird oder nicht. Per Handzeichen wird es am Ende der Konferenz eine Abstimmung darüber geben. Weitere Einzelheiten zu den jeweiligen Akteuren finden Sie auf den ausgeteilten Vorstellungskarten.

Alle Parteien zusammen müssen ein Schreiben entwerfen, indem Titel, Inhalt, Zielgruppe, Begründung/Bedarf, Ziele und Arbeitsweisen sowie die Auswertung/Dokumentation des Projekts detailliert dargestellt sind. Dieses Schreiben ist wichtig, da das Modell nur stattfinden kann, wenn es neben der Zustimmung durch die Politik, durch den LWL als Kostenträger finanziert wird. Der LWL ist ein Kommunalverband der gesellschaftliche Aufgaben in den Bereichen Soziales, Psychiatrie, Maßregelvollzug, Jugend und Schule und Kultur erfüllt. Einige Ziele sind zum Beispiel die Verbesserung der Lebensbedingungen, die Förderung von Ressourcen, die (soziale) Bildung vor allem im Bereich Jugend und Schule, sowie eine inklusive Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Der LWL hat seinen Hauptsitz in Münsterhausen, beschäftigt insgesamt 16.000 Mitarbeiter und ist zuständig für 8,2 Millionen Klienten.


Tom dient in diesem Planspiel als Beispiel für einen potenziellen Projektteilnehmer. Tom ist 20 Jahre alt und konsumiert seit seinem 14. Lebensjahr Cannabis. Tom hat vor kurzem gegen seine Bewährungsauflagen verstoßen, da er bei dem illegalen Kaufen von Cannabis erwischt wurde. Tom steht unter Bewährung, da er schon mehrere Anzeigen wegen Körperverletzung, Raub und unerlaubten Besitz von Cannabis hat. Seine letzte Anzeige wegen schwerer Körperverletzung wurde vor dem Jugendgericht Molbeck verhandelt. In der Verhandlung bekam Tom zwanzig Monate Gefängnis auf Bewährung. Zu seinen Bewährungsauflagen gehören, straffreie Führung, Meldung jeden Wohnungswechsels, Kontaktverbot zu den Opfern der Straftat, Schadenswiedergutmachung nach Kräften und 80 Sozialstunden. Nun steht Tom jedoch erneut vor Gericht und muss mit einer Haftstrafe ohne Bewährung rechnen. Er bringt folglich die optimalen Voraussetzungen mit, um an dem geplanten Projekt der Bewährungshilfe teilzunehmen und so einen Gefängnisaufenthalt in letzter Sekunde zu verhindern.


[1] Hinweis zum Plausibilität des Planspielbeispiels: Die im Planspiel angenommenen Schritte, Altersfreigaben und Zustimmungskompetenzen für einen Modellversuch zur Legalisierung des Cannabisbesitzes und -konsums entsprechen nicht den tatsächlichen Bestimmungen und Regelungen im deutschen Recht. Zum einen sind Kommunalparlamente zunächst für die Antragsstellung zuständig – und nicht wie im Beispiel, Polizei, Drogenberatung, Gerichte und LWL. Zum anderen offenbaren aktuelle Beispiele von regionalen und lokalen Cannabisfreigabe-Initiativen, dass in Bezug auf die Cannabisfreigabe, eine schwierige Rechtslage im Bundesrecht besteht. So hat bspw. die Opiumstelle beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Januar 2015 die Erlaubnis für einen Modellversuch mit Blick auf das Gesetz zum Verkehr mit Betäubungsmitteln schon nicht für realisierbar eingestuft. Auch der Antrag aus dem Berliner Bezirk Friedrichhain-Kreuzberg zur Regulierung des Cannabisverkaufs war daraufhin abgelehnt worden. Trotz der Abweichungen zum in der Realität gültigen politisch-juristischen Prozedere einer möglichen Cannabisfreigabe, ist dieses Planspiel jedoch für die Erlangung der zentralen Planspiellernziele geeignet.     


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