Akteure


Auf dieser Seite finden Sie die Rollenbeschreibungen zu den Charakteren dieses Planspiels.
In der Rubrik Materialien-Download stehen Ihnen diese Profile dann auch als PDF zum Herunterladen zur Verfügung.


Die Beziehungskonstellationen der Akteure im Planspiel „ASD – ein Kinderschutz oder/und Hilfe zur Erziehung? – Ein Hilfeplan für Pascal“

Soziogramm für das Planspiel

Soziogramm für das Planspiel

 


Die Rolle des Pascal Schmidt (8)

 Das ist Ihre Rolle: Pascal Schmidt, Sie sind 8 Jahre alt und besuchen die 2. Klasse der Mosaik-Grundschule in Molbeck-Justendorf.

Das einzig Gute an der Schule ist für Sie, dass Sie dort Ihren besten Freund Timo treffen. Ansonsten macht Ihnen die Schule keinen Spaß, weil alle etwas von Ihnen wollenpascal-schmidt und Sie immer so viele Aufgaben bekommen. Sie wissen genau, dass Sie wieder Ärger bekommen, wenn Sie es nicht schaffen die Aufgaben alle zu bearbeiten. Auch mit den Hausaufgaben fühlen Sie sich oft überfordert und allein gelassen. Sie haben ihre Mama sehr lieb, obwohl Sie sich manchmal, nicht nur bei den Hausaufgaben, mehr Aufmerksamkeit von ihr wünschen. Außerdem wollen Sie, dass Ihre Mutter Ihnen nicht mehr wehtut, wenn Sie ihr mal nicht gehorchen. Mit Ihrer Schwester Kimberly spielen Sie nicht gerne, da sie ihnen zu kindisch ist und nur mit Puppen spielt. Sie hingegen spielen lieber alleine mit der PlayStation und dem Nintendo.  Auf die Besuche von Frau Meyer freuen Sie sich immer sehr, da sie nett ist und Sie mehr Unterstützung bei den Hausaufgaben bekommen, wenn die Sozialarbeiterin da ist. Außerdem hat Ihre Mutter dann mehr Zeit für Sie.

In letzter Zeit besuchen Sie fast täglich den Freizeittreff Karo. Leider hat Ihre Mutter keine Zeit, um Sie dorthin zu bringen, und so gehen Sie jedes Mal alleine. Den Freizeittreff-Leiter Jan Semmler mögen Sie sehr gerne, weil er immer nachfragt, wie es Ihnen geht und Sie ihm alles erzählen können. Im Treff haben Sie die Möglichkeit Wii zu spielen, was Sie am liebsten allein machen. Es nervt Sie, wenn andere Kinder Ihnen den Controller wegnehmen wollen und/oder mitspielen wollen.

Denkanstöße für Gruppenarbeit:

  • Wie fühlen Sie sich in der aktuellen Situation?
  • Was ist Ihrer Meinung nach das schlimmste/ größte Problem an der aktuellen Situation in Ihrer Familie?
  • Was denken Sie, müsste sich in Ihrer Familie ändern um die aktuelle Situation zu verbessern?
  • Was würden Sie sich am meisten wünschen, was passieren soll?
  • Wovor haben Sie am meisten Angst? Was darf auf gar keinen Fall passieren?

Wählen Sie stellvertretend ein Mitglied aus Ihrer Gruppe aus, das die Rolle des Pascal Schmidt während des Hilfeplangespräches übernimmt.

(entspricht Arbeitsblatt 4 – Download hier)


 Die Rolle der Jeanette Schmidt (27)

Das ist Ihre Rolle: Jeanette Schmidt, Sie sind 27 Jahre alt und alleinerziehende Mutter von Pascal (8) und Kimberly (4).

Sie haben das alleinige Sorgerecht und bekommen vom Vater der Kinder lediglich Unterhalt. Sie haben einen 450-Euro-Job im örtlichen Supermarkt und dadurch unregelmäßige Arbeitszeiten. Da Sie djeanette-schmidties in Verbindung mit der Erziehung Ihrer Kinder und der Haushaltsführung überfordert, sind Sie froh, dass Frau Meyer (SPFH) Sie unterstützt. Trotzdem belastet es Sie, dass das Geld immer schon zur Mitte des Monats knapp wird. Neben Ihrem Gehalt und dem Unterhalt bekommen Sie noch das ALG II und das Kindergeld. Gerne hätten Sie mehr Geld zur Verfügung, um nicht jeden Cent umdrehen zu müssen. Jedoch haben Sie keine guten Chancen auf dem Arbeitsmarkt, da Sie durch die Schwangerschaften mit Pascal und Kimberly Ihre Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau abgebrochen und nicht fortgeführt haben. Sie haben zurzeit keinen Partner und auch sonst keinen Kontakt zu Freunden und anderen Familien, da Sie dies zusätzlich stressen würde und Sie lieber Ruhe und Zeit für sich haben, zum Beispiel vorm Fernseher.kimberly-schmidt

Sie lieben Ihre beiden Kinder, können sich jedoch mit Kimberly besser beschäftigen/spielen. Pascal kann sich auch gut alleine mit seiner Spielkonsole beschäftigen. Ihnen ist bewusst, dass Sie manchmal falsch reagieren, wenn Ihre Kinder Sie nerven und Ihnen nicht gehorchen. Manchmal reagieren Sie auch über und es kann passieren, dass Ihnen die Hand ausrutscht. Das tut Ihnen sehr Leid, jedoch wissen Sie sich nicht anders zu helfen und so willigen Sie daher in eine erneute Hilfeplanung ein.

Denkanstöße für Gruppenarbeit:

  • Was denken Sie, wäre die beste Lösung für Ihre Familie? Welche Hilfe zur Erziehung würden Sie sich am meisten wünschen?
  • Wo sehen Sie das größte Problem an der bisherigen Situation?
  • Was können Sie selbst dazu beitragen, die Situation zu verändern?
  • Wo ist der Punkt an dem Sie sich Hilfe und Unterstützung wünschen?
  • Wovor haben Sie am meisten Angst?

Wählen Sie stellvertretend ein Mitglied aus Ihrer Gruppe aus, das die Rolle der Jeanette Schmidt während des Hilfeplangespräches übernimmt.

Rechtliche Grundlagen

Von besonderer Bedeutung ist Art. 6 Abs. 2 GG. Hier ist gesetzlich festgehalten, mit gleichem Wortlaut auch in § 1 Abs. 2 SGB VIII, dass es das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht ist, ihre Kinder zu erziehen und zu pflegen. Des Weiteren beinhaltet der Absatz den Aspekt, dass die staatliche Gemeinschaft über die zuvor beschriebene Betätigung wacht. Dieses entspricht einer Aufgabe des ASD, da er u.a. als Wächterinstanz über das Kindeswohl agiert.

In §27 SGB VIII geht es um Hilfen zur Erziehung (HzE). Demnach hat ein Personensorgeberechtigter bei der Erziehung eines Kindes/ Jugendlichen Anspruch auf HzE, wenn eine dem Wohl des Kindes/ Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist (§27 Abs.1 SGB VIII).

(entspricht Arbeitsblatt 5 – Download hier)

 


Die Rolle der Anette Meyer (50)

annette-meyerDas ist Ihre Rolle: Sie sind 50 Jahre alt, Sozialarbeiterin und seit drei Monaten als SPFH in der Familie Schmidt tätig.

Sie kommen an vier Tagen in der Woche mit insgesamt zehn Stunden, um Frau Schmidt bei der Haushaltsführung und bei Behördengängen anzuleiten und zu unterstützen sowie sie bei der gemeinsamen Freizeitgestaltung mit ihren Kindern zu begleiten. Sie haben selber drei Kinder im Alter von drei bis zehn Jahren, weshalb Sie es wichtig finden, dass die Kinder nicht aus der Familie genommen werden.

Sie sind bei dem kirchlichen Träger Caritas eingestellt, der einen akzeptierenden Ansatz verfolgt und den Familienzusammenhalt an oberste Stelle stellt, womit Sie sich identifizieren können. Trotzdem hat für Sie das Wohl der Kinder Priorität. Deshalb stehen Sie bei der Frage nach der Herausnahme von Pascal aus der Familie vor einem Interessenkonflikt. Würde Pascal aus der Familie genommen werden, wäre Ihr Job bei Familie Schmidt beendet und es wäre fraglich, ob und wie schnell Sie als SPFH in einer neuen Familie tätig werden können.
Bis jetzt sind Sie mit der Entwicklung von Frau Schmidt zufrieden, sehen jedoch auch noch an einigen Punkten Handlungsbedarf. Da Ihnen bewusst ist, dass Frau Schmidt ihre Kinder sehr liebt, ist es Ihnen wichtig, sie weiter zu unterstützen, sodass Frau Schmidt und ihre Kinder langfristig als Familie zusammen leben können.
Durch die von Frau Schmidt unterschriebene Schweigepflichtentbindung ist es Ihnen möglich, sich mit Frau Blum vom Jugendamt über die Entwicklung der Hilfe auszutauschen.

Denkanstöße für Gruppenarbeit:

  • Warum reicht Ihre Stelle als SPFH hier nicht mehr aus? Was muss zusätzlich oder alternativ geschehen?
  • Was wäre keine gute Hilfe und warum?
  • Welche Lösung/ Hilfe würden Sie sich mit Ihrem Wissen über die einzelnen Familienmitglieder für die Familie wünschen?

Wählen Sie stellvertretend ein Mitglied aus Ihrer Gruppe aus, das die Rolle der Frau Meyer während des Hilfeplangespräches übernimmt.

Rechtliche Grundlage

SGB VIII § 31 Sozialpädagogische Familienhilfe

Sozialpädagogische Familienhilfe soll durch intensive Betreuung und Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie.

 

Kurzcharakterisierung der Familie Schmidt

Jeanette Schmidt (27 J.)

·         alleinerziehende Mutter – alleiniges Sorgerecht
·         450,- € Job im Supermarkt
·         überfordert mit Job und Erziehung der Kinder
·         liebt ihre beiden Kinder – näherer Bindung zu Kimberly
·         reagiert nicht angemessen auf Verhalten der Kinder

Pascal Schmidt (8 J.)

·         besucht 2. Klasse der Grundschule
·         wird von Mutter bei den Hausaufgaben kaum unterstützt
·         hat seine Mutter lieb
·         spielt viel Playstation und Nintendo
·         seltener und unregelmäßiger Kontakt zum Vater

Kimberly Schmidt (4 J.)

·         geht in Kindergarten
·         hat enge Bindung zur Mutter
·         spielt selten mit Bruder
·         seltener und unregelmäßiger Kontakt zum Vater

(entspricht Arbeitsblatt 6 – Download hier)

 


Die Rolle der Nina Blum (32)

Das ist Ihre Rolle: Nina Blum, Sie sind 32 Jahre alt und die zuständige ASD-Mitarbeiterin für den Bezirk 7 in Molbeck, in dem auch Familie Schmidt wohnt.

Da Sie an der Bewilligung der SPFH für Familie Schmidt vor fünf Monaten beteiligt waren, kennen Sie die Familie bereits. Nachdem Sie die Anhaltspunkte für eine mögliche Kindeswohlgefährdung mit kollegialer Beratung geprüft haben, sind Sie zu dem Ergebnis gekommen, dass das Wohl von Pascal nicht ausreichend gewährleistet ist. Beim Vorliegen einer Nicht-Gewährleistung des Kindeswohls sind Sie verpflichtet, Frau Schmidt offensiv Hilfen zur Erziehung anzubieten.
Da Ihnen nina-blumdas Wohl der Kinder sehr am Herzen liegt, sind Sie sehr beruhigt, als Frau Schmidt nach wiederholten Gesprächen einer Hilfeplanung zustimmt. In der Hilfeplanung übernehmen Sie eine Drehpunktfunktion zwischen Familie Schmidt und den Fachkräften der Hilfe leistenden Institutionen und sind somit für die Vermittlung von Angeboten zuständig.

Sie sind der Meinung, dass Frau Schmidt sich nicht ausreichend auf die bestehende Hilfe (SPFH) einlässt und mehr Motivation zur Kooperation zeigen muss. Wenn Frau Schmidt nicht erkennt, dass sie selber einen Beitrag leisten muss und etwas an der Situation verändern muss, kann es passieren, dass die Situation sich zuspitzt und doch noch in eine akute Kindeswohlgefährdung mündet.

Denkanstöße für Gruppenarbeit:

  • Welche Aspekte sind besonders entscheidend für die Auswahl der Hilfe?
  • Was ist das größte Problem an der bisherigen Situation in der Familie?
  • Welche Hilfe wäre aus welchem Grund die geeignetste im Fall Pascal?
  • Welche Hilfe wäre keine Option im Fall Pascal?
  • Welche verschiedenen Hilfsmöglichkeiten/-angebote/-einrichtungen, die für den Fall in Frage kommen, gibt es in der Stadt?
  • Unter Berücksichtigung der Probleme in der Familie, welche Schwerpunktsetzung (Einzel-/ Gruppenbetreuung, therapeutische Maßnahmen, psychiatrische Schwerpunktsetzung,…) in der Einrichtung wäre sinnvoll?

Wählen Sie stellvertretend ein Mitglied aus Ihrer Gruppe aus, das die Rolle der Frau Blum während des Hilfeplangespräches übernimmt.

Hilfeplanung

Die Fragestellung des Planspiels „Was ist die geeignete Hilfe für den Fall Pascal?“ zeigt auf, dass es sich um eine Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII handelt. Eine Hilfeplanung dient als Strukturierungs- und Kontrollvorgang bei den HzE. Die HzE sind mit besonderen Steuerungsanforderungen verbunden. Grund dafür ist, dass einige Hilfen stark in die Biographie des Kindes eingreifen, wie zum Beispiel die Heimunterbringung. Außerdem sind alle HzE mit hohen Kosten verbunden. Aufgrund dessen sind gesetzliche Verfahrensvorgaben zum richtigen Verfahren festgelegt.

Absatz 1 beinhaltet, dass vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe die Personensorgeberechtigten und das Kind/ der Jugendliche zu beraten sind. Zudem ist zunächst zu prüfen, ob die Annahme als Kind in Betracht kommt (Adoption, § 51 SGB VIII). Die Entscheidung für die Hilfe im Einzelfall, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden (§ 36 Abs. 2 SGB VIII). Diese kollegiale Beratung dient zur Qualifizierung von Entscheidungen der fallzuständigen Fachkraft. Des Weiteren sind die Personensorgeberechtigten und das Kind/ der Jugendliche zu beteiligen. Es soll gemeinsam ein Hilfeplan erstellt werden. Eine weitere Verfahrensvorgabe ist die Kontinuität der Hilfeplanung. In regelmäßigen Abständen, mind. halbjährlich, soll geprüft werden, ob die gewählte Hilfeform weiterhin geeignet und notwendig ist. Grund für diese Vorgabe ist der prozesshafte und reflexive Verlauf der Hilfe. Des Weiteren ist in § 36 Abs. 2 SGB VIII geregelt, dass andere Personen, Dienste oder Einrichtungen, falls diese an der Durchführung der jeweiligen Hilfe beteiligt sind, an der Hilfeplanung sowie der Überprüfung zu beteiligen sind. Im Fall Pascal bedeutet dies beispielsweise, dass die Fachkraft, welche die SPFH in der Familie durchführt, an dem Hilfeplangespräch teilnimmt. Erscheinen außerdem Hilfen nach § 35a SGB VIII (Eingliederungshilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche) als notwendig, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans die Person beteiligt werden, die die Stellungnahme nach § 35a Abs. 1 SGB VIII abgegeben hat.

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Ablauf eines Hilfeplangespräches (HPG)

  • Vorstellungsrunde (Wer sind die anwesenden Personen?)
  • Rahmenbedingungen (zeitlicher Umfang,…)
  • Tagesordnung (Klärung einer geeigneten HzE,…)
  • aktuelle Situation (verschiedenen Personen berichten)
  • Zielvereinbarung
  • Erwartungen verdeutlichen
  • Absprachen/ Zuständigkeiten (Wer kümmert sich um was?)
  • Ergebnisdokumentation (Hilfeplanprotokoll kommt im Nachhinein allen Beteiligten zu und wird von diesen unterschrieben)

Hilfen zur Erziehung (HzE)

In § 27 SGB VIII geht es um Hilfen zur Erziehung (HzE). Demnach hat ein Personensorgeberechtigter bei der Erziehung eines Kindes/ Jugendlichen Anspruch auf HzE, wenn eine dem Wohl des Kindes/ Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist (§ 27 Abs. 1 SGB VIII). Hilfen zur Erziehung werden insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Im Gesetzbuch sind einige ambulante, teilstationäre und stationäre HzE aufgeführt und erläutert (§§ 28 bis 35 SGB VIII). Die HzE in Form der Sozialpädagogischen Familienhilfe, die im Beispielfall Pascal bereits vor längerer Zeit bewilligt wurde und die in der Familie aktiv ist, ist demnach eine ambulante Hilfe nach § 31 SGB VIII. Eine SPFH soll durch intensive Betreuung und Begleitung, Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Im Regelfall ist diese Form der HzE auf längere Zeit angelegt und die Mitarbeit der Familie ist zwingend erforderlich.

Art und Umfang einer HzE richtet sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall, wobei das engere soziale Umfeld des Kindes/ Jugendlichen miteinbezogen werden soll. Zudem sind die Hilfen in der Regel im Inland zu erbringen. Eine Hilfe darf nur im Ausland erbracht werden, wenn dieses nach der Hilfeplanung zur Erreichung des Hilfeziels im Einzelfall erforderlich ist (§ 27 Abs. 2 SGB VIII).

Bei der Gewährleistung, dieses zuvor beschriebenen Rechtsanspruches, müssen zwei Entscheidungen getroffen werden. Zum einen muss geprüft werden, ob die Lebenssituation einen Hilfebedarf anzeigt. Diese Entscheidung ist die Voraussetzung für das in Gang setzen einer Hilfeplanung. Des Weiteren muss entschieden werden, welche Hilfe für die individuelle Entwicklung die Richtige ist. Die Bearbeitung und Entscheidung dieser Frage sind Gegenstand der Hilfeplanung (§ 36 SGB VIII).

Formen der Hilfen zur Erziehung

§ 28 Erziehungsberatung

Erziehungsberatungsstellen und andere Beratungsdienste und -einrichtungen sollen Kinder, Jugendliche, Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme und der zugrunde liegenden Faktoren, bei der Lösung von Erziehungsfragen sowie bei Trennung und Scheidung unterstützen. Dabei sollen Fachkräfte verschiedener Fachrichtungen zusammenwirken, die mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen vertraut sind.

– Beispiel: Beratungsstelle Kinderhaus, Caritasverband für die Stadt Münster e.V. (Erziehungsberatung in persönlichen Gesprächen, per geschützter Online-Beratung und telefonisch).

§ 29 Soziale Gruppenarbeit

Die Teilnahme an sozialer Gruppenarbeit soll älteren Kindern und Jugendlichen bei der Überwindung von Entwicklungsschwierigkeiten und Verhaltensproblemen helfen. Soziale Gruppenarbeit soll auf der Grundlage eines gruppenpädagogischen Konzeptes die Entwicklung älterer Kinder und Jugendlicher durch soziales Lernen in der Gruppe fördern.

– Beispiel: Evangelische Jugendhilfe Münsterland (Ambulante erzieherische Hilfen Münster).

§ 30 Erziehungsbeistand, Betreuungshelfer

Der Erziehungsbeistand und der Betreuungshelfer sollen das Kind oder den Jugendlichen bei der Bewältigung von Entwicklungsproblemen, möglichst unter Einbeziehung des sozialen Umfelds, unterstützen und unter Erhaltung des Lebensbezugs zur Familie seine Verselbständigung fördern.

– Beispiel: Evangelische Jugendhilfe Münsterland (Ambulante erzieherische Hilfen Münster).

§ 31 Sozialpädagogische Familienhilfe

Sozialpädagogische Familienhilfe soll durch intensive Betreuung und Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie.

– Beispiel: Diakonie Münster e.V. (Kinder-, Jugend- und Familiendienste).

§ 32 Erziehung in einer Tagesgruppe

Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe soll die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen durch soziales Lernen in der Gruppe, Begleitung der schulischen Förderung und Elternarbeit unterstützen und dadurch den Verbleib des Kindes oder des Jugendlichen in seiner Familie sichern. Die Hilfe kann auch in geeigneten Formen der Familienpflege geleistet werden.

– Beispiel: Kinder- Tagesgruppe am Voßhügel, Ibbenbüren (ein Angebot für Kinder, die eine Förderung in ihrer sozialen und emotionalen Entwicklung benötigen. In der Kinder- Tagesgruppe wird eine kontinuierliche pädagogische Betreuung tagsüber nach der Schule und für die Dauer von sechs Stunden gewährleistet und durch intensive Elternarbeit begleitet.)

§ 33 Vollzeitpflege

Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

– Beispiel: Westfälische Pflegefamilien, LWL Münster.

§ 34 Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform

Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie

  1. eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder
  2. die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder
  3. eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbstständiges Leben vorbereiten.

Jugendliche sollen in Fragen der Ausbildung und Beschäftigung sowie der allgemeinen Lebensführung beraten und unterstützt werden.

– Beispiel: Kinderheim St. Mauritz, Münster (St. Mauritz Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung mit traumapädagogischem Konzept).

§ 35 Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung

Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung soll Jugendlichen gewährt werden, die einer intensiven Unterstützung zur sozialen Integration und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung bedürfen. Die Hilfe ist in der Regel auf längere Zeit angelegt und soll den individuellen Bedürfnissen des Jugendlichen Rechnung tragen.

– Beispiel: VSE Münster, Jugendhilfeeinheit Berg Fidel

Kindeswohlgefährdung

Eine Kindeswohlgefährdung lässt sich definieren, als eine gegenwärtig in einem solchen Maß vorhandene Gefahr, sodass sich bei weiterer Entwicklung und mit ziemlicher Sicherheit eine erhebliche Schädigung voraussehen lässt. Im Gesetzestext gibt es keine genauen Anhaltspunkte, ab wann es sich um eine Gefährdung handelt. Es ist die Aufgabe des Sozialarbeiters, diese Gefährdungsschwelle für den Einzelfall zu definieren.

(entspricht Arbeitsblatt 7 – Download hier)

 


Die Rolle der Sabine Arentz (46)

Das ist Ihre Rolle: Sabine Arentz, Sie sind 46 Jahre alt und die Schulleiterin der Mosaik-Grundschule in Molbeck-Justendorf sowie die Klassenlehrerin von Pascal.

sabine-arentzSie haben festgestellt, dass Pascal häufig Schwierigkeiten hat sich zu konzentrieren, Verweigerungsverhalten zeigt, seine Materialien nicht vollständig dabei hat und wiederholt mit dreckiger Kleidung zur Schule kam. Außerdem hat der Sportlehrer Herr Krämer blaue Flecken an Pascals Rücken und Hämatome durch Handabdrücke an den Oberarmen bemerkt und Sie davon unterrichtet.

Nachdem Sie erfolglos Gespräche mit Frau Schmidt geführt haben, haben Sie sich für eine Beratung nach § 8b SGB VIII an den ASD entschieden. Für Sie ist es unvorstellbar, wie es dazu kommen kann, dass Pascal diese Auffälligkeiten aufweist. Da Sie schon häufig von Fällen der Kindeswohlgefährdung gehört haben, in denen zu spät gehandelt wurde, ist es für Sie zentral, rechtzeitig einzugreifen und Pascal, wenn auch erstmal vorläufig, sofort aus der Familie nehmen zu lassen, um weiteren Schaden von ihm abzuwenden. Außerdem schwingt bei Ihnen die Angst eines Imageschadens der Schule mit, wenn publik würde, dass die Schule bei Anzeichen der Kindeswohlgefährdung nicht rechtzeitig gehandelt hätte.
Deshalb sind Sie froh, dass der ASD beschlossen hat, dass eine Beteiligung der Schule am Hilfeplanverfahren hilfreich und notwendig ist, da Sie so Ihre Sichtweise vertreten können.

Denkanstöße für Gruppenarbeit:

  • Was wäre Ihrer Ansicht nach die beste Lösung in dem Fall und warum?
    -> Sammeln Sie Argumente um Ihre Meinung vor den anderen Beteiligten glaubhaft zu
    vertreten
  • Warum wäre es nicht gut, wenn Pascal in der Familie bleibt?
  • Welcher Kompromiss wäre für Sie noch vertretbar?
  • Welche Lösung wäre für Sie überhaupt nicht vertretbar?
  • Lesen Sie den Fall aus den Medien und lassen Sie ihn in Ihre Argumentation einfließen.

Wählen Sie stellvertretend ein Mitglied aus Ihrer Gruppe aus, das die Rolle der Sabine Arentz während des Hilfeplangespräches übernimmt.

Rechtliche Grundlagen

Durch die gesetzliche Regelung im Schulgesetz für das Land NRW (§  42 Abs. 6 SchulG NRW) sind die Lehr- und sozialpädagogischen Fachkräfte verpflichtet, jedem Anschein von Misshandlung und Vernachlässigung nachzugehen. Dieses beinhaltet zudem ein Gespräch mit dem Kind und den Personensorgeberechtigen über die Beobachtungen, um die Situation zu erörtern, sofern der Schutz des Kindes dadurch nicht gefährdet ist. Zudem müssen die schulischen Fachkräfte, soweit es erforderlich ist, bei den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken. Zuvor Benanntes, gehört gemäß dem Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (§ 4 Abs. 1 KKG) zur Aufgabe schulischer Fachkräfte. Des Weiteren sind die Lehrer gemäß diesem Paragraphen befugt, das Jugendamt zu informieren, wenn sie ein Tätigwerden des Jugendamtes für erforderlich halten, um eine Kindeswohlgefährdung abzuwenden. Die Personensorgeberechtigen sind hiervon vorab zu unterrichten, es sei denn der wirksame Schutz des Kindes würde dadurch in Frage gestellt werden.

Medienbericht

Zeitung: Jugendamt hat bei Alessio doch Fehler gemacht

Im Fall des zu Tode geprügelten dreijährigen Alessio hat das in der Kritik stehende Kreisjugendamt nach Medienberichten doch Fehler gemacht.
Trotz Hinweisen von Kinderärzten sei der Fall nicht als „komplex“ eingestuft worden – ohne Begründung, schreibt die „Badische Zeitung“ (Samstag) unter Berufung auf einen Prüfbericht des Regierungspräsidiums, aus dem auch der „Spiegel“ zitiert. Ohne diese Einstufung könne aber nach den Vorschriften, die sich das Landratsamt gegeben habe, die Information der Fachgruppenleitung und anderer Leitungsebenen unterbleiben. Alessio aus Lenzkirch im Schwarzwald war Mitte Januar zu Tode geprügelt worden. Tatverdächtig ist sein Stiefvater, er sitzt in Untersuchungshaft. In der Kritik steht seither das Jugendamt. Es soll Warnungen ignoriert haben. Das Regierungspräsidium hatte Mitte Februar mitgeteilt, offensichtliche Verfahrensfehler seien nicht zu erkennen. Dies habe die Prüfung durch die Rechtsaufsicht ergeben. Auch personelle Defizite oder Mängel gebe es nicht.
Laut dem Zeitungsbericht vermutet das Regierungspräsidium nun aber, dass die ausführliche Stellungnahme der Kinderklinik zu Alessio „weder von der Dezernentin noch der Fachbereichsleitung beziehungsweise Fachgruppenleitung gelesen oder nachträglich zur Kenntnisnahme vorgelegt“ worden sei. Zudem habe nur ein Sacharbeiter Kontakt zur Familie gehabt, schreibt das Blatt weiter. Das eigentlich nötige Mehraugenprinzip habe es nicht gegeben. Die Behörden waren am Samstag für Stellungnahmen zunächst nicht erreichbar.

Quelle: http://www.focus.de/regional/freiburg/kriminalitaet-zeitung-jugendamt-hat-bei-alessio-doch-fehler-gemacht_id_4528156.html (Zugriff: 11.5.2016)

(entspricht Arbeitsblatt 8 – Download hier)


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